Beschreibung
Vor dem Hintergrund von vierzig Jahren deutscher Geschichte und ebenso langer Parteigeschichte beschreibt der Autor die Entwicklung der KPD von einer kleinen, durchaus zunächst in den demokratischen Traditionen der Arbeiterbewegung wurzelnden Gruppe (Spartakusbund) zur stalinistischen Massenpartei unter der Befehlsgewalt der Komintern. Er stellt dies am Beispiel des Bezirks Hessen-Frankfurt (Bezirk 23 mit Hessen-Nassau, Süd- und Rheinhessen, Oberhessen und Osthessen bis Fulda) dar, zugespitzt auf die rhein-mainische Industrieregion zwischen Hanau und der Mainmündung. Er schildert ebenso den innerparteilichen Widerstand gegen diese Entwicklung, der sich im Bezirksgebiet, vor allem in Hanau und Offenbach zeigte. Aufgezeigt werden auch die vergeblichen Bemühungen, der Sozialdemokratie mittels vielerlei taktischer Wendungen ihre proletarische Massenbasis in den Freien Gewerkschaften und in den Industriebetrieben streitig zu machen. Die seit 1929/30 praktizierte Doppelstrategie, Sozialdemokratie und Nazismus als angebliche Zwillingsbrüder zeitgleich zu bekämpfen, führte die KPD - trotz zunehmender Wahlerfolge - direkt in die Isolation. Sie erwies sich als Massenpartei ohne Massenbasis sowie als unfähig, den reklamierten alleinigen Führungsanspruch auch einzulösen. Sie wurde zu einer gescheiterten Partei. Die Abhängigkeit von Weisungen der Komintern beraubte die KPD auch im Widerstand gegen Hitler jeglicher Unabhängigkeit. Anhand von Instrukteursberichten wird die verheerende Wirkung nachgewiesen, die dem Realitätsverlust von Parteiführung und Komintern notwendig folgen musste. Ein angebliches Frankfurter Einheitsfrontabkommen mit der SPD war schon 1935 der KPD-Auslandsleitung als Fälschung bekannt, wurde aber dennoch nach 1945 als politisches Instrument weiter benutzt. Der Verfasser verschweigt nicht das Doppelgesicht des KPD-Widerstands gegen Hitler, verweist aber auf den hohen persönlichen Einsatz der Männer und Frauen, die ihn leisteten - zunehmend unabhängig von der Parteiführung, oft gegen deren Vorgaben, ein Widerstand, der selbst in den Konzentrationslagern noch fortgesetzt wurde. Er reklamiert für diese Menschen die gleiche Hochachtung, wie sie dem Widerstand aus anderen Bevölkerungskreisen gezollt wird. Die unter den veränderten Bedingungen des besetzten und geteilten Deutschlands zunächst geübte realistischere Politik der KPD und ihr Versuch, den antifaschistischen Konsens von 1945 auch im Zeichen des Kalten Krieges zu bewahren, scheiterte alsbald. Die folgende erneute Stalinisierung und die jedermann sichtbare Abhängigkeit von fremden Weisungen führten wiederum in die Isolation und ließen die KPD schon vor dem Verbot von 1956 in der Bedeutungslosigkeit versinken. Der Verfasser stützt sich in diesem Beitrag zur regionalen Parteiengeschichte fast auschließlich auf Originaldokumente: Parteitagsprotokolle, Berichte und Protokolle der Bezirksund Unterbezirksparteitage, Vorstandsprotokolle, die Parteipresse und die Instrukteursberichte aus der Zeit der Illegalität, die überwiegend erst seit 1989 allmählich zugänglich wurden. Das gestattete auch (gewissermaßen nebenbei) manche Vertuschung, Auslassungen und Verfälschungen zu benennen, wie sie in parteioffiziellen Darstellungen vorkommen, und Irrtümer zu korrigieren, wie sie in nichtkommunistischen Publikationen - teils seit Jahrzehnten - gelegentlich zu finden sind.
Autorenportrait
Zum Autor Geboren, aufgewachsen und bis 1990 berufstätig in Frankfurt am Main. Nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft (1946) Besuch des Abendgymnasiums. Journalist. Privatstudium der deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, besonders der Arbeiterbewegung sowie der Geschichte und Vorgeschichte beider Weltkriege. Buchveröffentlichungen zur regionalen Geschichte der Druckarbeiter (1966); zur Geschichte der deutschen Revolution von 1848/49 in Frankfurt am Main (zwei Aufl., 1973 und 1998); zu Entstehung und Verlauf der Novemberrevolution von 1918 in Frankfurt am Main (1988). Co-Autor der Frankfurter SPD-Geschichte (1969), bei der zweibändigen Geschichte der Arbeiterbewegung in Frankfurt am Main des Vereins für Frankfurter Arbeitergeschichte (1994 und 1997). Mitherausgeber und Lektor der Geschichte der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung in Frankfurt am Main im Auftrag des zu diesem Zweck gegründeten Vereins und des Historischen Museums Frankfurt (1981). Zahlreiche Artikel oder Serien zur Geschichte der regionalen Arbeiterbewegung, über Arbeiterdichtung, zur deutschen Geschichte, besonders der beiden Weltkriege, zu den deutschen Revolutionen in der Frankfurter und der Gewerkschaftspresse sowie in einem Ausstellungskatalog des Frankfurter Historischen Museums (1978). Beruflich zuletzt (1981-1990) Personalleiter der Frankfurter UnionDruckerei. Lebt seit 2010 in Hamburg.