Beschreibung
Dieser Band rückt Diderots 1830 posthum veröffentlichte Schrift Paradox über den Schauspieler ins Zentrum. Darin beschreibt Diderot die Schauspielkunst als eine radikal rationale. Der kompetente Schauspieler fühlt sich nicht in die Figuren ein, sondern er beobachtet sie genau und ahmt präzise nach, was er zu spielen hat. In Bezug auf Aufmerksamkeit, Fantasie und Urteilskraft ist der Schauspieler anderen Menschen weit überlegen. Er begreift das Andere, was er zu verkörpern hat, so ausgezeichnet, weil er auf der Bühne in bemerkenswerter Weise Selbstlosigkeit und Selbstdisziplin, die Annäherung an das Andere und gleichzeitig höchste Distanz dazu verbindet. Diderot fasst diese widersprüchliche Haltung des Schauspielenden nicht nur als eine künstlerisch interessante auf, sondern auch als eine sozial und politisch relevante. Wie ist das zu verstehen? Muss der häufig vor allem unter ästhetischen Gesichtspunkten diskutierte Text von Diderot darüber hinaus auch politisch gelesen werden? Welches Verständnis von Macht, Authentizität, Gedächtnis, Körper, Manipulation, Demokratie, Solidarität, Freiheit oder Selbstverwirklichung wird darin vorgeschlagen, und welche Implikationen hat das für aktuelle demokratietheoretische Debatten? Neun Autorinnen und Autoren gehen diesen Fragen nach und stellen ihre kritischen Diderot-Lektüren zur Diskussion.
Autorenportrait
Die Herausgeber Prof. Dr. Christine Abbt ist SNF-Förderungsprofessorin in Philosophie und Leiterin des «Zentrums für Aufklärung, Kritisches Denken und Pluralität» an der Universität Luzern. PD Dr. Michael G. Festl ist Ständiger Dozent für Philosophie und Direktor des «John Dewey Centers Switzerland» an der Universität St. Gallen. Die Redaktion Janette Friedrich, geboren 1961, studierte Philosophie in Rostow am Don (Russland) und promovierte an der HU Berlin. Nach mehrjährigen Forschungsaufenthalten in Paris ist sie gegenwärtig Maître denseignement et de recherche an der Universität Genf. Anton Hügli, geboren 1939, studierte Philosophie, Psychologie, Germanistik/Nordistik und Mathematik in Basel und Kopenhagen. Er war bis 2005 Professor für Philosophie und Pädagogik an der Universität Basel.