Beschreibung
Deutschland war im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts ein Weltzentrum physikalischer Forschung, insbesondere auf dem Gebiet der Theoretischen Physik. Zum institutionellen Netzwerk dieser Hochkultur der Physik gehörte die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG), eine der ältesten und einflussreichsten wissenschaftlichen Gesellschaften in Deutschland. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 bedeutete auch für die Physik einen tiefen Einschnitt. Politische Einflussnahme, die Vertreibung jüdischer Gelehrter und die verstärkt anwendungsbezogene und militärtechnische Ausrichtung der Forschung veränderten die Rahmenbedingungen physikalischer Forschung grundlegend und bedeuteten einen gravierenden Verlust an internationalem Ansehen und Einfluss. Welche Rolle spielte die Deutsche Physikalische Gesellschaft in den Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, welche Position nahm sie im Prozess der wissenschafts- und forschungspolitischen Neuorientierung ein und was war ihre Funktion im politischen Macht- und Handlungsgefüge des Dritten Reiches? Welchen Einfluss hatten die Vertreter der so genannten "Deutschen Physik" in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und in der damaligen Physik generell? Welche Handlungsspielräume hatten die Physiker im Dritten Reich, sich der Vereinnahmung durch ein totalitäres und verbrecherisches Regime zu entziehen? Eine Gruppe namhafter Autoren versucht Antwort auf diese Fragen zu finden und beleuchtet die wissenschaftsimmanenten Aspekte sowie die gesellschaftspolitischen Zusammenhänge, die die Geschichte der Deutschen Physikalischen Gesellschaft während des Dritten Reiches im Spannungsfeld zwischen politischer Anpassung und wissenschaftlicher Autonomie bestimmt haben.
Autorenportrait
Dieter Hoffmann studierte Physik (Diplom 1972), promovierte (1976) und habilitierte (1989) an der Humboldt-Universität zu Berlin auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte. Von 1976 bis 1991 forschte er auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte an der Akademie der Wissenschaften der DDR und war danach u.a. Stipendiat der Humboldt-Stiftung. Seit 1995 ist er Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte in Berlin; zugleich lehrt er als außerplanmäßiger Professor an der Humboldt-Universität. Seine zahlreichen Publikationen weisen ihn als profunden Kenner zur Physik- und Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts aus. Mark Walker studierte Mathematik an der Washington University in St. Louis (BA, 1981) und Geschichte an der Princeton University, wo er 1987 mit einer Arbeit zur deutschen Uranforschung im Dritten Reich (Die Uranmaschine, Berlin 1990) promovierte. Seit 1987 lehrt er am Union College in Schenectady, New York, moderne europäische Geschichte und Geschichte der Naturwissenschaften und Technik. Seine zahlreichen Publikationen weisen ihn als international anerkannten Kenner der deutschen Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts und speziell der Entwicklung von Wissenschaft und Technik im Dritten Reich aus.