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Deus Passus

Passionsstücke nach Lukas, Interpreten: Gächinger Kantorei Stuttgart/Bach-Colleg

Erschienen am 01.05.2001
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 4010276011965
Sprache: Deutsch
Umfang: 1
Auflage: 1. Auflage

Beschreibung

Für das Europäische Musikfest Stuttgart 2000 beauftragte die Internationale Bachakademie Stuttgart vier Komponisten aus vier Kulturkreisen, je eine Passionsmusik nach einem der vier biblischen Evangelienberichte zu schreiben. Wolfgang Rihm wählte den Text des Lukas-Evangeliums. Dieser, betonte Rihm vorab in einem Gespräch mit Jürgen Kanold, sei am wenigsten antisemitisch gefärbt: "Die anderen Evangelien. wären für mich, als deutscher Komponist, niemals gestaltbar gewesen." Rihms Komposition ist jedoch keine "Lukas-Passion" im Sinne einer bloßen Vertonung des Evangeliums. Rihm nennt sein Werk im Untertitel "Passions-Stücke" und wählt eine individuelle Perspektive. Er konzentriert seine Sicht auf den leidenden Gott und darüber hinaus auf eine Wirkungsgeschichte des christlichen Glaubens, die das Leiden in der Welt, insbesondere im Blick auf das 20. Jahrhundert, keineswegs verhindert hat. "Der leidende Gott, der Gott, der gelitten hat, ist für mich die zentrale Figur christlichen Denkens. In ihm unterscheidet sich christliches Denken von anderen ReligionsEntwürfen. Die Passion ist der Ort dieses Leidens. Von dort muß aber auch das Leiden, das im Namen des christlichen Gottes in die Welt gedrängt wurde/wird, sich in die Verantwortung nehmen lassen." DEUS PASSUS ist mit dem Passionsbericht jedoch nicht zuende. Nur zu ahnen ist die Verwunderung der Frauen, die morgens früh zum Grab gehen und den Leichnam Jesu nicht auffinden (Nr. 26). Was im Evangelium in den Auferstehungsbericht und damit in den zentralen Punkt christlichen Glaubens mündet, gerät in Wolfgang Rihms "Passions-Stücken" jedoch in Konfrontation mit der gegenwärtigen Welt. "Schluß-Stück von Deus Passus ist eine Vertonung des Gedichtes ,Tenebrae' von Paul Celan. Wiederum eine Ent-Individualisierung, denn Celan spricht in dieser aus Anklage und Verzweiflung geborenen, so aufrührerischen wie demütigen Anrufung, in diesem ,Gegen-Gebet', wie man es nennen möchte, nur in der ersten Person Mehrzahl. Die Wahl jedoch dieses Gedichtes weist tiefer: Sie holt das Passionsgeschehen aus der Abgehobenheit der ,heiligen' Texte herein in die Gegenwart, ist indessen nicht wohlfeile Aktualisierung, sondern eine verstört-verstörende Gleichsetzung des ,Homo Passus' mit dem ,Deus Passus' vor dem Hintergrund der millionenfachen Passion des Holocaust; sie ordnet dem christlichen Bekenntnis mit der Gestalt Paul Celans, des sicherlich größten Dichters deutscher Sprache in der vergangenen Jahrhunderthälfte, auch das jüdische Element zu, gibt also dem Gesamtwerk in einem die gewöhnliche Bedeutung dieses Wortes transzendierenden Sinn eine ,ökumenische' Dimension" (Josef Häusler, S. 83*). Und Wolfgang Rihm selbst bemerkt: "Das Blut der Einsetzungsformel (mit der das Werk beginnt) ,begegnet' also dem Blut geschlachteter Menschlichkeit. Der Versuch, derartiger Unaussprechlichkeit gestalterisch sich zu stellen, mag das ganze Werk kennzeichnen, dessen Grundzug Zurückhaltung sein könnte."

Autorenportrait

Helmuth Rilling: 1933 geb. am 29.05. Geboren in Stuttgart, in eine Musikerfamilie 1952 Studium von Orgel, Chorleitung und Komposition an der Hochschule für Musik in Stuttgart (bis 1955) 1953 Die Gächinger Kantorei entsteht als Ensemble gelegentlich miteinander musizierender Freunde; Repertoire: Lechner, Schütz und andere ältere Komponisten; im weiteren Verlauf starkes Interesse des Ensembles für zeitgenössische Musik, zahlreiche Uraufführungen. Parallel Studium bei Fernando Germani in Rom und Siena 1957 Organist und Kantor der Stuttgarter Gedächtniskirche 1963 Unterrichtstätigkeit an der Kirchenmusikschule in Berlin Spandau 1965 Gründer und Leiter des Bach-Collegium Stuttgart 1966 Dozent für Chorleitung an der Frankfurter Musikhochschule 1969 Professor in Frankfurt; Leiter der Frankfurter Kantorei 1972 Beginn der Gesamteinspielung der Kantaten J.S. Bachs 1974 Unterrichtstätigkeit an der Universität Bloomington 1981 Gründung der Bach-Akademie Stuttgart; Bach-Akademien genannte Workshops finden in der Folge überall auf der Welt statt Helmuth Rilling ist einer der bedeutendsten Bach-Interpreten unserer Zeit. In Meisterkursen und Bachakademien studiert er mit jungen Musikerinnen und Musikern das Werk Bachs und gibt seine Erfahrungen weiter; in Gesprächkonzerten lässt er die großen Komponisten der Vergangenheit mit dem Publikum von heute kommunizieren. Das Repertoire des Bach-Experten umfasst die Alte Musik, die Klassik und Romantik bis hin zur zeitgenössischen Musik. Die internationale Anerkennung seiner Arbeit findet Ausdruck in zahlreichen Auszeichnungen, darunter der Grammy 2000 für K. Pendereckis »Credo«.

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