Beschreibung
Während die Forschung sich bisher einzelnen Werken, Werkphasen und Werkgruppen des dramatischen Schaffens Brechts widmete, geht es in dieser Arbeit um die Kontinuität seines Schaffens und dessen Wandel. Der Verfasser arbeitet mit Hilfe der Adoleszenztheorie des Ethnopsychoanalytikers Mario Erdheim und der ethnologischen Ritenforschung (van Gennep, Turner) einen unbewußten Adoleszenzkonflikt heraus, von dem her Brecht viele seiner Stücke geschrieben hat. Dieser Konflikt strukturiert seine Stücke vom frühesten (Die Bibel) bis zu seinem letzten (Die Tage der Kommune) und verbindet den vormarxistischen Behavioristen (Mann ist Mann) mit dem marxistischen Agitator (Kuhle Wampe, Die Mutter, Die Gewehre der Frau Carrar), den experimentellen Autor der Lehrstücke (Der Jasager) mit dem Klassiker des epischen Theaters (Mutter Courage und ihre Kinder). Durch diesen strukturalistischen Ansatz wird - jenseits von Brechts Selbstdeutungen und den Besonderheiten einzelner Phasen - ein durchgehendes Muster sichtbar, das in der Brecht-Forschung der letzten Jahrzehnte merkwürdigerweise übersehen wurde.