Beschreibung
1896 verfasste der Dresdner Bürger Heinrich Theodor Hochmann einen autobiografischen Bericht, in dem er über seine Kinder- und Jugendjahre berichtet, die er im frühen 19. Jahrhundert im ländlichen Böhmen verlebt hat. Er war ein unehelich geborenes Kind, dessen Mutter als Böhmin katholisch, sein Vater sächsischer Protestant war. Die Familie lebte in ärmlichen Verhältnissen. Nach dem frühen Tod der Mutter musste Heinrich auf Wunsch seines Vaters den ungeliebten Beruf eines Strumpfwirkers erlernen, erkämpfte sich jedoch danach eine Ausbildung zum Porzellanmaler, seinem ursprünglichen Berufswunsch. Dreimal hat er in diesen Jahren die Grenze nach Sachsen überschritten, als Zwölfjähriger unternahm er eine Fußwanderung zu den Großeltern bei Chemnitz, als junger Mann flüchtete er nach Sachsen, um der Einberufung zu entgehen und später wanderte er als Porzellanmaler nach Dresden aus, studierte dort kurze Zeit an der Kunstakademie und hat schließlich eine wesentlich ältere Witwe geheiratet, die einen Handel mit Watte auf dem Altmarkt führte. Hochmann übernahm ihr Geschäft und erreichte damit eine finanziell und gesellschaftlich gesicherte Position. Sein Bericht erweist sich als authentisches Zeugnis über die Verhältnisse in Böhmen und Sachsen im frühen 19. Jahrhundert. Er hat die unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitsbereiche kennengelernt und schildert anschaulich das Leben armer Familien in den 'Böhmischen Dörfern', seine fragmentarische Schulausbildung und Lehrzeit, die problematischen Arbeitsverhältnisse und schließlich den schwierigen Neuanfang in Dresden. Seine Erinnerungen sind ein aufschlussreiches, sozialgeschichtliches und kulturhistorisches Dokument in Zeiten technischer und wirtschaftlicher Umbrüche. Marlies Sonnemann hat anhand dieses Berichtes in sächsischen und tschechischen Archiven geforscht und dort über die Familiengeschichte hinaus faszinierende Fakten entdeckt, mit denen sie den Originaltext um historische, soziale und kulturelle Zusammenhänge ergänzt und erweitert