Beschreibung
Produzierende Unternehmen werden in Deutschland in besonderem Maße durch globale Entwicklungen beeinflusst. Sie müssen durch eine nachhaltige Steigerung ihrer Wertschöpfungsprozesse versuchen, sowohl ihre internationale Wettbewerbsposition zu verbessern als auch ihre heimischen Standorte im Hinblick auf Produktivität und Qualität zu stärken, um die Verlagerung der Fertigungs- und Montagestätten ins Ausland vermeiden zu können. Hier stellt sich nun die Frage wie diese Unternehmen ihre Wertschöpfung nachhaltig steigern können, ohne die dazu notwendigen Planungsaufwände in Relation zu den direkt wertschöpfenden Tätigkeiten überproportional ansteigen zu lassen. Vergleichbares gilt für eine flexible Anpassung an individuelle Kundenwüsche bei gleichzeitig kostengünstiger (Massen-) Produktion. Eine Antwort auf diese Fragestellungen findet sich u.a. im Bereich selbstoptimierender Produktionssysteme. Diese sind in der Lage, Produktionsziele wie auch einzelne Produktionsfolgen während der Fertigung und Montage situationsabhängig adaptieren zu können. Die Fähigkeit eines technischen Systems zu entscheiden, welche Anteile einer gegebenen Aufgabe durch bestimmte Akteure und Funktionen unter bestimmten Ausführungsbedingungen mit spezifischen Werkzeugen ausgeführt werden können, kann als situiertes Verhalten bezeichnet werden. Um die Funktionen eines Produktionssystems diesbezüglich zu erweitern, müssen kognitive Fähigkeiten des Menschen wie Problemlösen oder Entscheiden modelliert, simuliert und in heutige Systeme integriert werden. Dadurch ändert sich die Rolle des menschlichen Operateurs im Sinne des sog. Supervisory-Control-Paradigmas nach Sheridan ganz erheblich. Benutzerzentrierte Automatisierungsansätze - wie die von Billings - welche eine ständige Intervention des Benutzers fordern, sind nur bedingt anwendbar. Daher wird als zentrale Anforderung an die benutzerzentrierte Gestaltung selbstoptimierender Produktionssysteme die kognitive Kompatibilität zwischen Mensch und Maschine gestellt, d.h. dass das Prozesswissen des Systems an das mentale Modell des Benutzers angepasst werden muss. Ausgehend von einem menschzentrierten Automatisierungsansatz erfolgt in der vorliegenden Schrift auf der Grundlage der kognitiven Architektur SOAR ein systematischer Wechsel zwischen Simulationsstudien zur Validierung der entwickelten kognitiven Simulationsmodelle und Laboruntersuchungen zur Erhebung von zusätzlichen Heuristiken zur Verbesserung der Sequenzplanung sowie der Überprüfung der Konformität von Erwartungshaltung und Systemverhalten. Die Zielsetzung ist hierbei, auch bei variantenreicher Montage die Bildung eines mentalen Modells durch eine an menschlichen Bewegungszyklen orientierte Beschreibung der Prozesse zu unterstützen und somit die Mensch-Roboter-Interaktion innerhalb eines kognitiv automatisierten Montagesystems sicherer und effizienter zu gestalten. Durch die sukzessive Erweiterung der Wissensbasis dieses Systems konnte für die Montage einfacher kubischer Elemente eine signifikante Erhöhung der Erwartungskonformität erreicht werden. Die vorliegende Schrift stellt somit einen ersten Schritt auf dem Weg zu selbstoptimierenden Produktionssystemen dar, die auf eine kognitionsergonomische Kooperation von Mensch und Maschine abzielen. Die Ergebnisse zeigen, dass dem Menschen mit seinen überragenden kognitiven, perzeptiven und sensomotorischen Fähigkeiten im Optimierungsprozess für die zielgerichtete Systemrekonfiguration eine besondere Rolle mit ausgeprägten Entscheidungsspielräumen zukommt und die Mensch-Maschine-Interaktion durch kognitive Simulationsmodelle hinsichtlich Leistung, Zuverlässigkeit und Beanspruchung deutlich verbessert werden kann.