Beschreibung
Unser Grundgesetz (GG) besagt in §3 Absatz 3: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden". Demnach darf auch Niemand wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden, oder? Unsere demokratische Gesellschaft basiert auf dem Prinzip Chancengleichheit. Artikel 3 GG garantiert in Absatz 1: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt". Auch die UN BRK fordert die gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Frauen und Männern mit Behinderung. Mit dem sozialwissenschaftlichen Lebenslagenansatz nach Uta Enders-Dragässer und Brigitte Sellach wird ein theoretisches Gerüst zur Vergleichbarkeit von weiblichen und männlichen Lebenslagen in ihren drei Phasen Ausbildungsphase, Familienphase und prä-Rentenphase für zentrale Handlungsspielräume untersucht, um mit qualitativ- und quantitativ-empirischen Daten das oftmals heftig umstrittene Spannungsfeld von Chancengleichheit zu systematisieren und vergleichbar zu machen. Die Analyse von Handlungsspielräumen bzw. Chancen nach Behinderung und Geschlecht bringt ans Licht: Die Chancengleichheit im ökonomischen Handlungsspielraum ist für Frauen mit und ohne Behinderung ungleich. Männliche Lebensläufe sind von kontinuierlicher und linearer Erwerbsarbeit und damit durch relative ökonomische Sicherheit gekennzeichnet. Weibliche Lebensläufe sind diskontinuierlich, weil Frauen die Doppelbelastung Beruf und Mutterschaft, einschließlich unbezahlter Hausarbeit, bewältigen. Die Ungleichheiten im ökonomischen Sektor strahlen auf viele weitere Teilhabebereiche aus. In den wenigen Bereichen, wo gezielte staatliche Gleichstellungsmaßnahmen wirken, findet sich eine Ebenbürtigkeit männlicher und weiblicher Chancen.
Autorenportrait
Astrid Libuda-Köster studierte Soziologie in Bielefeld und Lissabon. Die Doktorin der Sozialwissenschaften leitete von 1995 bis 2020 das Institut für Projektevaluation und sozialwissenschaftliche Datenerhebung (IPSE) in Bad Salzuflen. Sie ist eine Nachfahrin von Hugo Grotius. Mit "De Mare liberum" 1605 und "De jure belli ac pacis (libri tres)" 1625 begründete Hugo Grotius seinen Ruf als "Gründungsheros" des neueren Natur- und Völkerrechts. Über die Jahrhunderte verbindet Ahne und Nachfahrin das Streben nach sozialer Gerechtigkeit.
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