Beschreibung
Negativen Emotionen wie z. B. Ärger oder Feindseligkeit wird bereits seit langem bei verschiedenen Erkrankungen, darunter die koronare Herzerkrankung (KHK), eine wichtige Rolle eingeräumt. Spielberger und Mitarbeiter haben die miteinander verbundenen Konstrukte Ärger (anger), Feindseligkeit (hostility) und Aggression (aggression) zum sogenannten AHA-Syndrom zusammengefasst. Die vorliegende Expertise geht der Frage nach, ob Ärger zur Entstehung bzw. zur Prognose der koronaren Herzerkrankung beiträgt und einen unabhängigen koronaren Risikofaktor darstellt. Dabei wird zwischen Ärger als Persönlichkeitsdimension (trait anger) und seinen verschieden Ausdrucksformen (anger in, anger out, anger control) unterschieden. Mittels einer systematischen Literaturrecherche wurden 24 wissenschaftliche Studien zum Zusammenhang zwischen Ärger bzw. Ärgerausdruck und KHK aus dem Zeitraum seit 1985 identifiziert. Sie umfassen insgesamt mehr als 18.000 überwiegend männliche Probanden. Eingeschlossen wurden nur Studien mit harten Endpunkten. Die wesentlichen Ergebnisse sind: (1) Der wichtigste Studientyp (prospektive Untersuchungen an Gesunden) hat keine überzeugenden Belege für einen Einfluss von Ärger auf die Entstehung der KHK erbracht, (2) aus den Fall-Kontroll-Studien bzw. den Korrelationsstudien erhalten wir aber Hinweise, dass eine hohe Ärgerneigung (TraitÄrger) und offener Ärgerausdruck (anger out) zur Genese einer KHK beitragen und (3) Ärger bzw. erhöhte Ärgerneigung verschlechtert die Prognose einer bereits manifesten KHK. Insbesondere das letztere Ergebnis hat unmittelbare klinische Relevanz z. B. für die Rehabilitation von Koronarpatienten.