Beschreibung
Barbara Vinken spürt dem Rückgriff auf die alttestamentarischen Schreck-Motive der 'Großen Hure Babylon' und der Götzenverehrung im naturalistischen Roman des 19ten Jahrhunderts nach. Anhand von Guy de Maupassants Roman 'Bel-Ami' demonstriert sie, wie der Götzendienst - von dem sich das christliche Bürgertum als abgegrenzt und emanzipiert verstanden wissen will - eben diesem als verdecktes, verdrehtes, verdrängtes Fundament zugrunde liegt. Mythologisch/theologisch aufgeladenen Metaphern (Jagd und Fischerei) auf der Fährte, verfolgt das Buch die Wiederkehr von Mythos, Kult und Idolatrie in der aufgeklärten, naturalistischen Literatur. Dabei tritt - mitten in Paris - der 'Orient' als symbolisch übercodiertes Leitmotiv auf, das der Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse dient. Die Demaskierung kolonialer und sexueller Ausbeutung treibt Vinken durch ein metaphorisches Dickicht, in dem Sakrales und Profanes, Ornamentales und Vulgäres, Tugend und Sünde als Mutter/Hure, Décor/Schmutz, Schmuck/Fleck, Gott/Götze ineinander verflochten, verzerrt gespiegelt und verkehrt sind.
Autorenportrait
Barbara Vinken, Professorin für Allgemeine und Französische Literaturwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Bei Merve erschienen: Bestien. Kleist und die Deutschen 2011 Arsen bis Zucker. FlaubertWörterbuch 2010 (Hg. mit Cornelia Wild)