Beschreibung
Die wissenschaftliche Politikberatung ist im Gespräch. Vielerorts wird darüber diskutiert, wozu wissenschaftliche Politikberatung gut und ob sie wirklich hilfreich ist. Und wer dafür am kompetentesten sei -- Universitätsprofessoren, Think Tanks oder Akademien? Ob sich die Beratung nur auf die Politik beschränken sollte oder nicht besser an die Gesellschaft insgesamt zu richten sei? Und vor allem wird intensiv diskutiert: in welcher Weise die Beratung erfolgen sollte - direktiv empfehlend oder in Gestalt der Präsentation von Optionen, die sich aus dem Stand der Wissenschaft ergeben und nicht eindeutig sein können. In den in diesem Buch präsentierten vielfältigen und unterschiedlichen Vorstellungen über den Nutzen und die Ausgestaltung der wissenschaftlichen Politikberatung spiegeln sich zum einen die seit langem geführte akademische Diskussion zu diesem Thema, zum anderen die konkreten Erfahrungen von Wis-senschaftlern, die in der Politikberatung tätig sind. Wissenschaftliche Politikberatung ist eine Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft, an der die unterschiedlichen Logiken beider Bereiche aufeinandertreffen. Das zentrale Problem, das sich aus der Kopplung von Wissenschaft und Politik ergibt, in der der Wissenschaft die Rolle der Beratung zufällt, ist das der Legitimation. Der Wissenschaftler als Berater der Politik ist nur durch sein besonderes Wissen legitimiert. Das heißt, er sollte politische Entscheidungen nicht durch die Darstellung seines Wissens im Beratungsprozess präjudizieren und schon gar nicht usurpieren, dazu fehlt ihm jede demokratische Legitimation durch Wahl. Selbst die Legitimation durch Wissen ist begrenzt. Vielfach sind die Fragen, zu denen der Berater Lösungen anbieten soll, so komplex, dass das dafür relevante Wissen äußerst begrenzt ist und keine eindeutigen Antworten erlaubt. Hinzu kommt noch das Problem von Werturteilen, auf denen politische Ziele und Entscheidungen unvermeidbar beruhen. Beratende Wissenschaftler sind nicht legitimiert, ihre Ziele und Werturteile über die der gewählten Volksvertreter zu stellen. Der vorliegende Sammelband gibt einen breiten Überblick über unterschiedliche Funktionen und Organisationsformen der Politikberatung. Im ersten Teil werden markante Positionen der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussion zur wissenschaftlichen Politikberatung wiedergegeben. Im zweiten Teil kommen die Berater in unterschiedlichen Politik- bzw. Wissensbereichen sowie die Empfänger der Beratung in der Politik und die kritischen Beobachter der Beratung zu Wort, die die akademischen Positionen gleichsam einem ,Praxistest' unterwerfen. Dementsprechend richtet sich der Band sowohl an die mit dem Thema befassten Wissenschaftler als auch an die ,Praktiker', nämlich Berater und Beratene gleichermaßen.
Autorenportrait
Peter Weingart geb. 1941; Studium der Soziologie und Ökonomie in Freiburg, Berlin und Princeton. Seit 1973 Professor an der Fakultät für Soziologie an der Universität Bielefeld. 1984/84 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. 1984/85 Visiting Scholar an der Harvard University. 1989 bis 1994 Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre Forschung (ZiF). Vorstand am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT) an der Universität Bielefeld. Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Vorsitzender des Graduiertenkollegs "Genese, Strukturen und Folgen von Wissenschaft und Technik" 1992 - 2009. Direktor des Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT), Universität Bielefeld von 1993 - 2009. Weingart ist Inhaber einer Ehrenprofessur an der TU München im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften / Wirtschaftswissenschaften. Veröffentlichungen v. Peter Weingart bei Velbrück Wissenschaft: Die Stunde der Wahrheit? 2001/2011; Die Wissenschaft der Öffentlichkeit, 2005; Das Wissensministerium (Hg. mit Niels C. Taubert) 2006; Nachrichten aus der Wissensgesellschaft (mit Martin Carrier und Wolfgang Krohn) 2007; Wissen - Beraten - Entscheiden. Form und Funktion wissenschaftlicher Politikberatung in Deutschland (mit Justus Lentsch) 2008. Wissen - Nachricht - Sensation. Zur Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien (Hg. mit P. Schulz) 2014.