Beschreibung
In der Mitte Berlins wächst ein riesiger Rohbau in die Höhe: es ist die Grundform eines Bauwerks, das die einen das Schloß und die andern Humboldt-Forum nennen. Seine Inhalte werden vielfältig und weltumspannend sein, Grundriß und Außengestalt lehnen sich an den stadtprägenden Großbau an, der hier vor dreihundert Jahren unter Leitung eines genialen Baumeisters entstand - ist das zulässig? Darf man verlorene Bauwerke von zentraler städtebaulicher Bedeutung wiedererrichten? Das Buch von Friedrich Dieckmann befaßt sich mit den Aspekten einer nicht enden wollenden Debatte und es geht dem Problem der Iteration, also der Reproduktion bedeutender alter Architekturen, prinzipiell nach. Iterationen sind nicht nostalgisch, da sie der alten Form neue Funktionen zuordnen, sie sind zukunftsorientiert, indem sie Kulturerbe sinnfällig machen und dem Furor der Vernichtung entgegentreten, der dem Fortschrittsdenken der Moderne verhängnisvoll eingepflanzt ist. Von Nachhaltigkeit, einem alten forstwirtschaftlichen Begriff, ist heutzutage viel die Rede. Dieckmanns Buch votiert für die Nachhaltigkeit des Schönen, für die Wiedervergegenwärtigung des Gelungenen, nicht, weil die Architektur der Gegenwart es kopieren, sondern weil sie sich dessen Anspruch stellen sollte.
Autorenportrait
In Kritiken, Essays und Vorträgen hat Friedrich Dieckmann nach 1990 zu den Debatten beigetragen, die nach der deutschen Staatsvereinigung den Wiederaufbau der Städte im östlichen Deutschland begleitete. Er war Mitglied des Berliner Stadtforums, Sachpreisträger bei dem Wettbewerb für das neue Bundespräsidialamt, Gutachter beim Dresdner Atelier Neumarkt und Mitglied der Expertenkommission Historische Mitte Berlin und hat die großen Berliner Architekturwettbewerbe der neunziger Jahre kommentiert. Das bevorstehende Richtfest des neuen Berliner Humboldt-Forums ist dem Verlag Theater der Zeit Anlass, Dieckmanns Schriften zur Architektur in einem Band zu sammeln, der Vom Schloß der Könige zum Forum der Republik heißt und sich dem Problem der Wiederaufführung stadtprägender alter Bauwerke im Blick auf die Erfahrungen der letzten beiden Jahrzehnte stellt. Friedrich Dieckmann (geb. 1937), Schriftsteller und Publizist, lebt in Berlin-Treptow. 1972-1976 Dramaturg am Berliner Ensemble. 1989/90 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Dr. phil. h. c. der Humboldt-Universität zu Berlin. Mitglied der Akademie der Künste (Berlin), der Sächsischen Akademie der Künste und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Buchveröffentlichungen u. a.: Wege durch Mitte / Stadterfahrungen (1995); Dresdner Ansichten / Spaziergänge und Erkundungen (1995); Der Irrtum des Verschwindens / Orts- und Zeitbestimmungen (1996); Pöppelmann oder Die Gehäuse der Lust (2012).