Beschreibung
Die Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien ist in mehr-facher Hinsicht problematisch: im Hinblick auf die Qualität öffentlicher Deliberati-on als Bedingung einer aufgeklärten Demokratie; im Hinblick auf die Qualität poli-tischer Entscheidungen, die darauf aufbauen; im Hinblick auf die Prozesse und Verfahren der Erkenntnisgewinnung; und schließlich im Hinblick auf die Aufklä-rungs- und Kontrollfunktionen der Medien. Zusätzlich kompliziert wird das Ver-hältnis dadurch, dass es sich um ein System von Wechselbeziehungen handelt und nicht nur um eindimensionale und gradlinige Kausalitäten. Es gibt keine Kommunikation des wissenschaftlichen Wissens in >objektiver< Form, sondern immer nur in einer >verhandelten< Form. Es kommt zu Übertreibungen und Dramatisierun-gen oder Unterlassungen und Verschweigen. In jedem Fall herrscht der >interessierte< Um-gang mit dem Wissen vor, und zwar sowohl von Seiten der Politik als auch von Seiten der Wissenschaft. Analoges gilt für die Kommunikation wissenschaftlichen Wissens an die Öffentlichkeit. Sie unterliegt strategischen Kalkülen (will Wählerstimmen und Forschungsgelder gewinnen). So kommt es zu spezifischen Selektionen. In den Medien wird vorrangig über Disziplinen und Forschungsergebnisse berichtet, die für ein breites Publikum besonders relevant (etwa Ge-sundheit, Medizin) oder besonders faszinierend (Astronomie) sind, während andere Gebiete marginalisiert werden. Politisierung und Medialisierung der Wissenschaft werden besonders dann problematisch, wenn sie den besonderen Autonomieanspruch der Wissenschaft gegenüber den anderen gesellschaftlichen Teilsystemen einschränken. Wissenschaft, die politischer oder ökonomi-scher Kontrolle unterworfen wird, kann nicht effektiv dem Wahrheitscode entsprechend operieren. Problembereiche wie die genannten sind Gegenstand der in diesem Band enthaltenen Bei-träge. Sie sind im Kontext der Arbeitsgruppe >Wissenschaft, Öffentlichkeit, Medien< ent-standen, die von den drei Akademien Nationale Akademie Leopoldina, Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften und Nationale Akademie der Technikwissenschaften (acatech) eingesetzt worden ist, um den Forschungsstand zur Kommunikation über, durch und für die Wissenschaft zu erarbeiten.
Autorenportrait
Peter Weingart geb. 1941; Studium der Soziologie und Ökonomie in Freiburg, Berlin und Princeton. Seit 1973 Professor an der Fakultät für Soziologie an der Universität Bielefeld. 1984/84 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. 1984/85 Visiting Scholar an der Harvard University. 1989 bis 1994 Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre Forschung (ZiF). Vorstand am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT) an der Universität Bielefeld. Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Vorsitzender des Graduiertenkollegs "Genese, Strukturen und Folgen von Wissenschaft und Technik" 1992 - 2009. Direktor des Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT), Universität Bielefeld von 1993 - 2009. Weingart ist Inhaber einer Ehrenprofessur an der TU München im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften / Wirtschaftswissenschaften. Veröffentlichungen v. Peter Weingart bei Velbrück Wissenschaft: Die Stunde der Wahrheit?, 2001, 42011; Die Wissenschaft der Öffentlichkeit, 2005; Das Wissensministerium (Hg. mit Niels C. Taubert) 2006;Nachrichten aus der Wissensgesellschaft (mit Martin Carrier und Wolfgang Krohn) 2007; Wissen - Beraten - Entscheiden. Form und Funktion wissenschaftlicher Politikberatung in Deutschland (mit Justus Lentsch) 2008.