Beschreibung
Mit wenigem hat sich das philosophische Denken so wenig befaßt wie mit dem Unglück. Es ist das Verdrängte der Moderne. Was nicht sein sollte, sich aber als resistent gegen alle Anstrengungen erweist, es abzuschaffen, verschwindet im Zeichen des zivilisatorischen Weltoptimismus im Verschweigen. Dabei ist das Unglück allgegenwärtig. Kein Leben bleibt von ihm unberührt. Was Philosophie unbemerkt läßt, rührt sich in den lebensreflektierenden Künsten umso mehr. So entfaltet Andreas Steffens seinen Versuch über Unglück vor allem anhand literarischer Zeugnisse, wie von Ovid, Proust und Perec, Undine Gruenter, Ernst Herhaus, Rilke und Koeppen. Im Schmerz, im Tod des Nächsten, und in der Liebe wird das Unglück zum Ereignis des Unverfügbaren. Wir sind weder für das Unglück gemacht, noch dazu, es vermeiden zu können. Es ist der Widerspruch des Lebens, an dem die >großen Fragen< akut werden. Selbst ein Stück literarischer Kunst des Nachdenkens, setzt Die Narbe die Arbeit des Autors an seinem Konzept der 'Ontoanthropologie' fort: was wir sind, verständlich zu machen, indem verstanden wird, wie wir Teil der Welt sind, die uns zu denen macht, die wir sind. Das Unglück ist zwar nicht die Substanz der Welt, doch ihrer Erfahrung: eine Spur, der zu folgen dorthin führt, wo entschieden wird, was wir sein können. Das Unglück ist eine Offenbarung der Welt. Da sie ist, wie sie ist, müssen wir sein, wie wir sind: anders, als wir gerne wären. Wenn es eine Lebenskunst gibt, dann ist sie das Vermögen, >dennoch< zu leben: mit dem unvermeidlichen Unglück - ohne unglücklich zu sein. Zum Autor Andreas Steffens, Philosoph und Schriftsteller 1957 in Wuppertal geboren. Zahlreiche wissenschaftliche, kunstkritische und literarische Veröffentlichungen, darunter Poetik der Welt (1995), Philosophie des 20. Jahrhunderts oder Die Wiederkehr des Menschen (1999) Ontoanthropologie. Vom Unverfügbaren und seinen Spuren (2011).