Beschreibung
Die kulturellen Diskurse, innerhalb derer Vorstellungen von Kind und Kino miteinander verschaltet werden, sind insbesondere in den letzten Jahren allgegenwärtig, vielgestaltig und komplex vernetzt. Mithilfe des Begriffs des cinematic child lassen sich zentrale Deutungsebenen auffächern und miteinander in Beziehung setzen. Die Bezeichnung eröffnet den Blick auf eine spezifisch filmisch generierte Vorstellung von Kindheit. Mit Bezug auf aktuelle US-amerikanische Spielfilme der 1900er und 2000er Jahre stellen sich anhand der vier Analysekategorien Fantasie, Unschuld, Geschichte und Störung die Fragen nach medialen Konstruktionsformen und -mechanismen von Kindheit. Detaillierte Filmanalysen leiten über in die Betrachtung populärer, medienpädagogisch motivierter Diskurse, die in der Auseinandersetzung mit den filmischen Strukturen ganz ähnliche Vorstellungen von Kindheit und Medialität und ihrer wechselseitigen Beziehungen entwickeln. Innerhalb verbreiteter moral panics wird das zuschauende Kind als gleichsam fremd bestimmtes Opfer medialer Gewalteinwirkungen und in diesem Sinne als ein negativ geprägtes cinematic child sinnhaft. Projekt der Argumentationen ist es, diese Sinnzuschreibungen diskurstheoretisch zu fokussieren, kulturell zu kontextualisieren und sie in weiteren medientheoretischen Begriffsdimensionen zusammenzuführen. Das Kind wird als Grenzgänger beschreibbar, mit dem als Mittler spezifische kulturelle und gesellschaftliche Potentiale gekoppelt sind. Das cinematic child kann somit als spezifisch filmischer Spezialeffekt die grundlegenden Funktionsprinzipien des Films und das Dispositiv Kino selbst markieren und zur Anschauung bringen. Letztlich wird das Kind als Medium einer gesellschaftlichen Selbsterfahrung sinnhaft. In seiner Inszenierung werden medial konfigurierte Wissens- und Machtordnungen befragbar und aktuelle, gesellschaftspolitische Themen sicht- und verhandelbar. Hierzu gehören etwa Ängste und Unsicherheiten bezüglich neuer Formen von Elternschaft, medizinischer Reproduktionstechnologie, interkultureller Vernetzungen und medialer Digitalität. Die Arbeit bietet u.a. Analysen der Filme The Chronicles of Narnia (USA/UK 2005-2008, Andrew Adamson), Harry Potter (UK/USA 2001-2007, Chris Columbus u.a.), Road to Perdition (USA 2001, Sam Mendes), Hearts in Atlantis (USA 2001, Scott Hicks), Walk the Line (USA 2005, James Mangold), The Others (USA u.a. 2001, Alejandro Amenábar), The Ring (USA 2002, Gore Verbinski). Die Arbeit wurde mit Medius-Sonderpreis ausgezeichnet, der seit 2008 von der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikations-kultur (GMK) sowie dem Deutschen Kinderhilfswerk (DKHW) vergeben wird