Beschreibung
Uwe Johnson, Anfang zwanzig und Student, wechselt zum Wintersemester 1954 von Rostock nach Leipzig, in die (wie er später schreibt) 'wahre Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik'. Jochen Ziem, zwei Jahre älter als Johnson und ebenfalls Student, wechselt gleichzeitig von Halle nach Leipzig. Beide studieren Germanistik bei dem legendären Hans Mayer, beide stehen dem Studium skeptisch gegenüber, beide wollen Schriftsteller werden - gute Voraussetzungen für eine intensive und durchaus fröhliche Freundschaft. Jochen Ziem aber wechselt schon im Frühjahr 1955 abermals: diesmal verlässt er die DDR, zieht zunächst nach Hannover, dann nach Düsseldorf und West-Berlin. Er arbeitet als Journalist, veröffentlicht Erzählungen, Fernsehspiele und Theaterstücke, bleibt aber trotzdem bis zu seinem Tod 1994 ein 'Erzähler, den keiner kennt' (FAZ). Die Postkarten, manche mit Zeichnungen oder Fotos versehen, und Briefe, die Johnson von Leipzig aus an Ziem schreibt, handeln vom Studium und den Studenten, von den Nöten des Alltags und den Überlegungen eines angehenden Schriftstellers über die Sprache, den Stoff des Erzählens, über Ironie und Sprachkunst - und sind selber Beispiele einer Sprachbegabung, die selbst aus Mitteilungen über das Wetter unterhaltsame, manchmal atemberaubende Kunststücke zaubert. Unveröffentlichte Briefe Uwe Johnsons an Jochen Ziem und Texte von Jochen Ziem über ihre Leipziger Zeit.
Autorenportrait
Erdmut Wizisla, 1958 in Leipzig geboren, Literaturwissenschaftler, Leiter des Bertolt-Brecht-Archivs (Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin). Veröffentlichungen über Walter Benjamin, Bertolt Brecht, Heiner Müller, Uwe Johnson sowie zu editions- und archivwissenschaftlichen Themen. Er lebt in Berlin.