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Krieger und Gelehrte

Herbert Marcuse und die Denksysteme im Kalten Krieg

Erschienen am 01.09.2010
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783868542226
Sprache: Deutsch
Umfang: 736
Auflage: 1. Auflage
Einband: Gebunden

Beschreibung

Was haben linke Intellektuelle wie Herbert Marcuse, Otto Kirchheimer und Franz Neumann mit den amerikanischen Geheimdiensten zu tun? Anfang der 1940er Jahre nimmt eine Gruppe linksintellektueller Emigranten zusammen mit ihren amerikanischen Kollegen, u.a. den Historikern Stuart Hughes und Carl Schorske oder dem Soziologen Barrington Moore, ihre Arbeit für den amerikanischen Kriegsgeheimdienst, das Office of Strategic Services (OSS), auf. Der demokratische Sozialismus der Emigranten verbindet sich mit dem Linksliberalismus der 'New Deal'Denker, was sich zu Beginn des Kalten Krieges in Forschungs- und Strategiepapieren niederschlägt, die im US-Außenministerium gegen die Blockkonfrontation opponieren und für eine Entspannungspolitik optieren. Von den Geheimdiensten wird Wissen, das von der offiziellen Linie abweicht, geradezu gesucht, es ist von Anfang an integraler Bestandteil der Kultur des Kalten Krieges. Wissenschaftliche Aufklärung, Gegnerforschung und psychologische Kriegführung sind das Geschäft der Gelehrten im Staatsapparat. Am Anfang geht es um das nationalsozialistische Deutschland, nach Kriegsende weitet sich der Einsatz auf das gesamte Europa und die Sowjetunion aus. Die Arbeit der linken Denker findet Anerkennung, personelle Netzwerke entstehen. Sie erschließen der Gruppe im Kalten Krieg institutionelle Ressourcen, die ihnen entweder den Weg in die universitäre Welt der Vereinigten Staaten bahnen oder die Fortsetzung ihrer Forschung unter dem Schirm der Rockefeller-Stiftung ermöglichen, häufig in verdeckter oder offener Kooperation mit dem State Department und auch der CIA. Sind vielleicht sogar Kontinuitäten zwischen Marcuses geheimdienstlicher Gegnerforschung und seiner Kritik der westlichen Moderne, die er seit Beginn der 1960er Jahre radikalisierte, zu entdecken? Eindrücklich beschreibt Tim B. Müller, dass der Kalte Krieg auch ein Krieg der Ideen und des Wissens gewesen ist, dessen Dynamik in die wissenschaftliche Forschung auf ganz andere Weise hineinwirkte, als bisher angenommen wurde. Die linksintellektuelle Gruppe um Herbert Marcuse, Vorbild des studentischen Protests von 1968, erfährt eine fundamentale Neuinterpretation, indem sie hier erstmals in ihrem historischen Kontext des frühen Kalten Krieges dargestellt wird.

Autorenportrait

Dr. phil. Tim B. Müller ist Historiker am Hamburger Institut für Sozialforschung; seit 2007 Redaktionsmitglied der 'Zeitschrift für Ideengeschichte'. Seine Arbeitsschwerpunkte: Deutsche, westeuropäische und amerikanische Ideen- und Wissenschaftsgeschichte; politische und Gesellschaftsgeschichte des Kalten Krieges, der Weltkriege und der Zwischenkriegszeit.

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