Sozialistische Schulkritik bedeutete für Siegfried Bernfeld: Schule ist immer politisch. Ihre Funktion ist die Vermittlung des herrschenden Wertesystems und die Reproduktion gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Dies leistet sie weniger über Unterrichtsinhalte als über die sozialen Ordnungen und Institutionen des Bildungssystems. Bernfeld untersucht deren Wirkungen mit den Mitteln analytischer Sozialpsychologie. Selbst sozialistischer Erzieher, fragt er außerdem nach der Rolle pädagogischer Einrichtungen im Klassenkampf der Arbeiterschaft und Selbstbefreiung der Schülerschaft in ihrem Schulkampf. Der vorliegende Band enthält Bernfelds Abhandlungen zur sozialistischen Pädagogik und Schulkritik sowie Materialien zum zeitgenössischen Schulkampf der Gymnasiasten in Österreich und Preußen. Den Kern bildet die Monografie Die Schulgemeinde und ihre Funktion im Klassenkampf (1928). Hierin kommt Bernfeld zu einem desillusionierenden Resultat: Die Handlungsspielräume sozialistischer Pädagogik sind in der bürgerlichen Gesellschaft auf die Fürsorgeerziehung beschränkt, also auf solche Kinder und Jugendliche, die das staatliche Bildungssystem bereits ausgeschlossen hat.
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