Beschreibung
Das Protagoras-Programm der expliziten Selbstsorge, Selbstvergewisserung und Selbstbestimmung ist einer der Kerngedanken der europäischen Aufklärung und zugleich damit auch des westlichen Selbstverständnisses und setzt bei dem Befund an, den Protagoras als erster zu verkünden wagte: Weil wir über die Existenz der Götter nichts wissen und darüber auch nichts wissen können, müssen wir eben den Menschen selbst zum Maß aller Dinge bestimmen. Oder mit und gegen den christlichen Kirchenvater Augustinus gesprochen: Wir müssen eben das experimentum medietatis wagen. In welcher Einstellung dies geschieht, ist eine ganz andere Frage, und welche Menschen man dabei zum Maß aller Dinge erheben kann/darf/soll/muss, ist wieder eine andere und extrem schwierige Frage, und genau diese Frage soll hier geklärt werden. Die anthropologische Studie von Lenz Prütting beschreibt deshalb die Entstehung dieses Homo-mensura-Satzes in der Antike und seine Rezeptionsgeschichte bis heute und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass der Homo-mensura-Satz nicht durch einzelne Personen, bestimmte Typen oder gar bestimmte Kollektive verkörpert werden kann, sondern allein in anthroponomen Strukturen zu suchen ist, die allen Menschen zu eigen sind. Und das heißt wiederum, dass die philosophische Anthropologie die einzig legitime Erbin des Protagoras-Programms ist, um dieses Erbe angemessen zu würdigen und umzusetzen und gegen alle Feinde der europäischen Aufklärung auch entschlossen zu verteidigen.
Autorenportrait
Lenz Prütting, Jahrgang 1940, war zunächst Bergmann im Ruhrgebiet, machte dann Abitur und studierte in Erlangen und München Philosophie, Literatur- und Theaterwissenschaft. Nach seiner Promotion arbeitete er zehn Jahre lang am Institut für Theaterwissenschaft der LMU München und wirkte dann an verschiedenen Theatern, zuletzt als Chefdramaturg der Städtischen Bühnen Augsburg.