Beschreibung
Das Konzept der mathematischen Kompetenzen wurde unlängst als Teil der Bildungsstandards und als Maßstab für die Zuschreibung von Teilhabechancen interpretiert und übergeht damit - so die provokante These dieses Buches - die unterschiedlichen Praxen mit dieser Kulturtechnik. Ausgangspunkt sind hierbei differenzierte theoretische Erörterungen zu Funktionen und Wesenszügen von Mathematik sowie eine system-theoretische Einordnung von Kompetenz im Übergangssystem Schule/Arbeitswelt. Übertragen auf das Forschungsfeld Benachteiligung wird gezeigt, dass die Anwendung und der Gebrauch von mathematischen Kompetenzen an diskursspezifische Bedingungen gebunden sind und das gegenwärtig stark schulbezogene Konzept modifiziert werden muss. In empirischen Untersuchungen werden sodann exemplarisch jene besonders relevanten mathematischen Ideen rekonstruiert, die innerhalb von bedeutsamen Arbeitsplätzen einfacher Erwerbstätigkeiten verlangt werden. Die didaktischen Implikationen begründen infolge einen Mathematikunterricht, der dieses unterste Segment des Beschäftigungssystems wertschätzend berücksichtigt. Eine in diesem Sinne an der sozialen Frage orientierte Benachteiligten- bzw. Inklusionspädagogik richtet sich nicht primär am Erwerb von Bildungsabschlüssen aus, sondern nimmt die Vielfalt der gegenwärtigen und zukünftigen mathematikhaltigen Herausforderungen von Personen auch in den Blick, die nicht dem "Königsweg" einer vollqualifizierenden Ausbildung oder eines Studiums folgen.