Beschreibung
Der Start verzögerte sich. Meine Sitznachbarin, eine junge Frau um die Fünfzig, war ziemlich nervös. Aber mit Flugangst ist nicht zu spaßen. Als ich sah, dass sie mit Hilfe ihrer Finger zu zählen begann, glaubte ich einen Grund zu haben, eingreifen zu können. "Die Quersumme des Datums ist eine fünf. Das wird wohl nicht dramatisch sein." Sie sah mich an, als hätte ich ihr vorgeschlagen, ohne Fallschirm aus dem Flugzeug zu springen. Demonstrativ hob sie beide Hände und begann es mir anhand ihrer Finger mit rot lackierten Nägeln zu erklären. Trotzdem kam ich ihr zuvor. "11.09.2001; 11+9+2+1, die neun können wir weglassen, dann kommen wir auf 14 und das ist eine 5." "23!" "Klar Captain Clark, der 23 Jahre die selbe Strecke befuhr und nie war etwas passiert. Ich habe William S. Burroughs gelesen und Robert Anton Wilson. Burroughs ist bei all seiner Skepsis immerhin 83 geworden." Ich musste über meine eigenen Worte lachen. "Genauer 83 ein halb minus 3 Tage!" "Na, ob es ihnen gelingen wird, mich auf zu muntern." Sie lachte auch. "Na gut, zumindest werden wir bis nach LA keine Langeweile haben. Kannten sie Burroughs noch selber?" Mit 89 Jahren, als 82ster Passagier in Flug N334AA, findet sich der Protagonist auf einer Intensivstation wieder, in einem 67 Jahre jüngeren Körper, der zur Organspende freigegeben wurde.
Autorenportrait
Seit dem achten Lebensjahr hat der Autor sich als Schreibenden gesehen und wenn er Aufsätze für die Schule schrieb, wurde ihm seitens der Lehrer immer wieder vorgeschlagen, Politiker oder Schriftsteller zu werden. Nun war es in einer Arbeiterfamilie in den Sechzigern nicht so einfach, wenn man den Eltern mitteilte, was die Lehrer so sagten. In der Regel führte das zu unangenehmen Konsequenzen oder wochenlangen Diskussionen und einen Ausbildungsplatz als Schriftsteller gab es auch nicht. Als seine Mutter im zweiten Schuljahr erfuhr, er hätte viel Phantasie, war das eine Katastrophe mittleren Ausmaßes. "Du hast zu viel Phantasie!" Man wusste aber nicht viel, was man dagegen tun konnte. Als er vierzehn war und immer noch eine Schule besuchte, wurde ihm von seinen Eltern signalisiert, ein guter Sohn wäre ja bereits in einer Lehre und würde das verdiente Geld zu hause abgeben. Als er mit achtzehn immer noch eine Schule besuchte wurde seine Mutter krank und damit hatten seine Eltern andere Sorgen. Aber wie das nun 'mal im menschlichen Leben so ist, weder die Miete wird einem erlassen, noch füllt sich der Kühlschrank selbsttätig. Da der Autor nicht sofort einen Studienplatz bekam ( ZVS ), begann er eine Ausbildung im Krankenhaus. Dazu sei noch angemerkt, dass das einzige Krankenhaus in dem das möglich war, das Soester Stadtkrankenhaus war, da alle anderen keinesfalls konfessionslose Krankenpflegeschüler an nahmen. Die Bundeswehr suchte zwischenzeitig nach einem wackeren Recken, den er ihnen auch nicht bieten konnte und der Unterzeichner gewöhnte sich an monatliche Tantiemen, die er für geleistete Arbeit in der Krankenpflege erhielt. Immerhin wurde er nach Erhalt des Krankenpflegediploms an vielen Stellen des Krankenhauses eingesetzt und hatte für die Kolleginnen und Kollegen den Vorteil, nie in den Sommerferien verreisen zu wollen. Na ja, bis auf ein Mal. Im Sommer 1983 kaufte sich eine gebrauchte elektrische Schreibmaschine namens Triumph Gabriele 5000.