Beschreibung
Ich sehe was, was Du nicht siehst - vor allem im Tanz ist das Nebeneinander verschiedener Bewegungsabläufe zu einer Schule des Sehens geworden. Wie gestaltet sich unsere Wahrnehmung, wenn ein Überangebot von Sehoptionen von Beginn an Programm ist? Der Zuschauer findet sich in einer theatralen Situation wieder, in der die Art der Erfahrung in den Vordergrund tritt und eine Auseinandersetzung mit gewohnten Wahrnehmungsmustern stattfindet. Inwiefern kann die Konfrontation mit Simultaneität dazu dienen, perspektivisch gelenkte Sehgewohnheiten abzulegen und eine weniger überformte Art der Wahrnehmung zu entwickeln? In Bezug auf Martin Schläpfers Choreographie Neither wird dieser Frage nachgegangen und der Umgang mit Simultaneität gleichermaßen als Übung und Artikulation eines mündigen Selbstverständnisses formuliert. Durch die Aufwertung des Unbestimmten und das Potential der verunsichernden Überforderung wird der Wahrnehmung ein freiheitsstiftendes Moment zugeschrieben und das Verpassen als Chance begriffen.
Leseprobe