Beschreibung
Die westlichen Gesellschaften teilen Menschen traditionellerweise in eine männliche und eine weibliche Kategorie. Seit der Antike gibt es aber Menschen, die nicht in dieses als selbstverständlich betrachtete duale Geschlechtersystem passen: Hermaphroditen haben entweder Merkmale, die sich nicht eindeutig zuordnen lassen oder die als widersprüchlich gelten. Da ihre Existenz die soziale Ordnung in Frage stellt, sah und sieht sich die Gesellschaft von der Antike bis heute herausgefordert, zum Hermaphroditismus Stellung zu beziehen und Konzepte zum Umgang mit den Betroffenen zu entwickeln. In diesem Buch werden die wichtigsten historischen Entwicklungen rund um den Hermaphroditismus in der westlichen Welt im medizinischen, juristischen und sozialen Kontext dargestellt - geprägt von spannungsgeladenen Gegensätzen zwischen Mystifizierung und dem Bemühen um sachliche Einordung, zwischen Faszination und Ablehnung, zwischen Tabu und Skandal.
Autorenportrait
InhaltsangabeInhalt Geleitwort Einleitung Fragestellungen Stand der Forschung Quellen Methodik 1. Kapitel: Von göttlichen Zeichen und menschlichen Reaktionen (ca. 500 v. Chr. bis ca. 500 n. Chr.) 1.1 Weder Junge noch Mädchen: 'Ein ekelhaftes und garstiges Zeichen der Götter' 1.2 Von neugeborenen Androgynen, einem Volk mit zweierlei Brüsten und schwangeren Männern 1.3 Vergnügen, Zeremonien, Tötungen: Gesellschaftliche Reaktionen auf Hermaphroditen 1.4 'Plötzlich brachen männliche Genitalien aus ihr heraus': Das Phänomen der spontanen Geschlechtsumwandlungen 1.5 Namensänderung, Beruf, Verehrung: Folgen der spontanen Geschlechtsumwandlungen 1.6 Ärztliche Interventionen im Zusammenhang mit spontanen Geschlechtsumwandlungen 1.7 Prozesse im Zusammenhang mit spontanen Geschlechtsumwandlungen 1.8 Göttliche Strafe, göttliche Inkarnation oder göttliches Omen ? Religiöse Erklärungsversuche zum Hermaphroditismus 1.9 Samen, Hitze, oder doch nur eine Täuschung ? Naturwissenschaftliche Erklärungsversuche zum Hermaphroditismus 2. Kapitel: Als der Hermaphrodit zum juristischen Problemfall wurde (ca. 500 bis 1750 n. Chr.) 2.1 'Elle a violé nature, offencé l'honnesteté publique, déceu l'Eglise': Der Fall Marie le Marcis 2.2 Wenn Beischlaf gegen das Gesetz verstößt: Das Problem der Sodomie 2.3 Mann oder Frau ? Die Frage der Geschlechtszuweisung 2.4 Ehe und Scheidung 2.5 Der Hermaphrodit und die Kirche 2.6 Weitere Gesetze zum Hermaphroditismus 2.7 Nachrichten aus der Skandalecke 2.8 Vorsicht mit hohen Sprüngen ! Weitere Berichte über Geschlechtsumwandlungen 2.9 Sind Hermaphroditen Monster ? 2.10 Zeugungszeitpunkt, Sternenkonstellation oder Klitorishypertrophie ? Naturwissenschaftliche Erklärungsversuche zum Hermaphroditismus 2.11 Zwei, drei, vier oder fünf Arten ? Einteilungen der Hermaphroditen 2.12 Vom Schnitt zur Heilung: Therapiekonzepte bei Hermaphroditismus 3. Kapitel: Die Entdeckung der inneren Organe (ca. 1750 bis 1850 n. Chr.) 3.1 Viele Ärzte, viele Meinungen: Streit um Maria Dorothea Derrier 3.2 Vollkommen - unvollkommen, männlich - weiblich, lateral - transversal: Einteilungen der Hermaphroditen 3.3 Vererbt oder fehlentwickelt ? Neue Theorien zur Ursache von Hermaphroditismus 3.4 Mann oder Frau ? Bedeutung und Kriterien der Geschlechtszuweisung 3.5 Ehe und Zeugungsfähigkeit 3.6 Tasten, Sonden, Mikroskopie: Neue diagnostische Methoden 3.7 Von Amputationen, Einschnitten und dem Nutzen einer Spritze: Therapeutische Interventionen bei Hermaphroditismus 3.8 Die Rolle der Obduktion 3.9 Zwischen wissenschaftlicher Beobachtung und Voyeurismus 4. Kapitel: Von den Tücken der Eindeutigkeit (Ca. 1850 bis 1920 n. Chr.) 4.1 Aus dem Leben eines Hermaphroditen: Der Fall Herculine Barbin 4.2 Der Hermaphrodit im Fokus psychiatrischer Betrachtungen 4.3 Vom Hermaphroditen zum Pseudohermaphroditen: Neue Klassifikationsversuche 4.4 Von Gängen und Kanälen: Neues zur Ursache des Hermaphroditismus 4.5 Neue Methoden, neue Probleme: Entwicklungen auf dem Gebiet der Diagnostik 4.6 Neue Operationsmethoden im Kampf gegen den Irrtum der Natur 4.7 Geschlechtszuweisung aus juristischer Sicht 4.8 Ehe und Zeugungsfähigkeit zum Zweiten 4.9 Sonderregelungen und Sittlichkeit in Zusammenhang mit Hermaphroditismus 5. Kapitel: Behandlungspflichtige Krankheit oder drittes Geschlecht ? (Entwicklungen ab 1920) 5.1 'Das Objekt, das man zurechtschnipseln muss': Eine Betroffene erzählt 5.2 Gene und Hormone: Die Macht unsichtbarer Faktoren 5.3 Das Paradigma von der Machbarkeit des Geschlechts 5.4 Hermaphrodites speak ! Tabubruch und Kritik durch die Betroffenen 5.5 Von der Relativität adäquater Genitalien 5.6 Neue Fragen zu Genitaloperationen und alte Antworten zu Geschlechtskategorien 5.7 Neue klinische Guidelines im Umgang mit Hermaphroditismus 6. Kapitel: Analyse 6.1 Wie wurde das Phänomen Hermaphroditismus eingeschätzt ? 6.2 Welche Berufe und Instanzen setzten sich mit Hermaphroditis
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