Beschreibung
Der 'Animismus' ist eine Erfindung der Ethnologie des 19. Jahrhunderts, geprägt auf dem Höhepunkt des europäischen Kolonialismus. Animisten bevölkern die unbelebte Natur mit Seelen und Geistern. Das erklärt man als eine die materielle Realität verkennende 'Projektion', durch die den Dingen und der Natur Leben und Handlungsmacht zugeschrieben wird. Animismus wird so zum Gegenbild moderner Wissenschaft, zum Ausdruck eines 'Naturzustands', in dem Psyche und Natur als ungeschieden gelten. Wenn sich letzthin ein neues Interesse am Animismus herausgebildet hat, liegt das nicht daran, dass der Begriff als wissenschaftliche Kategorie rehabilitiert wurde. Vielmehr ist die kategorische Trennung von subjektiver und objektiver Welt selbst in Bewegung geraten.
Autorenportrait
Irene Albers ist Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und für Romanische Philologie an der Freien Universität Berlin und Mitglied des Exzellenzclusters »Languages of Emotion«. Ihre Dissertation behandelt die Beziehungen zwischen Literatur und Photographie (»Sehen und Wissen. Das Photographische bei Emile Zola«, München 2002). Weitere Forschungsschwerpunkte sind literarischer Primitivismus im 20. Jahrhundert; Literatur und Ethnologie bei Michel Leiris; Körpersprache und Emotionen in romanischen Novellen.